Mein Verstand in einem ewigen Konflikt

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Ein Ayahuasca Erfahrungsbericht von Diana Teil 2:

Mittlerweile ist es etwas mehr als ein Jahr her, als ich das erste Mal den Geist dieser Pflanze kennen lernen durfte, mich selbst.

Durch einen Zufall habe ich davon erfahren und hatte zu diesem Zeitpunkt auch kein großes Interesse an psychedelischen Substanzen, doch als ich Christian Rätsch das erste Mal davon berichten hörte, kam eine Art Erinnerung oder Ruf in mir auf und ich fing an mich näher mit diesem Thema zu beschäftigen. Es vergingen einige Monate, bis ich dann durch einen „Zufall“ in meinem neuen Freundeskreis von den Ayahuasca-Zeremonien von Bernard mitbekommen habe. Und dann wurde mein Ruf erhört und ich hatte die Möglichkeit an einer Zeremonie teilnehmen zu dürfen. Ich hatte damals genau eine Woche Zeit mich zu entscheiden, ob ich diesen Schritt wagen möchte. Vieles in mir hat sich gesträubt und Zweifel kamen auf. Gedanken, wie „Ach, eigentlich besteht doch gar kein Bedarf, die Situation ist doch in Ordnung wie sie ist.“ Als ich zusagte, war ich immer noch nicht hundert Prozent sicher, ob ich es wirklich wagen soll. Verstärkend zu meinen eigenen Zweifeln kamen dann auch noch einige Berichte, die ich im Internet darüber gelesen und die mich etwas verängstigt hatten. Ich kann an dieser Stelle nur davon abraten, sich allzu sehr von anderen Erfahrungen beeinflussen zu lassen und sich dadurch verfremdete Erwartungen aufzubauen, da die Begegnung mit Ayahuasca meiner Erfahrung nach eine sehr Individuelle ist und sich keinesfalls mit den Themen und Erfahrungen von anderen vergleichen lassen sollte.

Ich hielt mich an die „Diätempfehlungen“ und die Aufregung stieg von Tag zu Tag bis zu dem Moment, als ich den Becher das erste Mal in den Händen gehalten habe. Eine bis dahin nicht gekannte Panik stieg in mir auf, doch ich wusste, dass ich ihn trinken werde. Ich entschied erstmal nur einen Schluck zu nehmen und dabei blieb es letztendlich auch, denn die Wirkung setzte, verstärkt durch meine Panik, recht schnell ein. Zu diesem Zeitpunkt in meinem Leben waren mir viele Facetten meines Seins noch unbekannt und ich hatte mich schon so weit von mir entfremdet, dass mir in dieser Nacht mein wahres Selbst als außenstehende Energie begegnet ist.

Ich bevorzugte es alleine zu sein und da mein Magen ohnehin das Klo als passendsten Ort für mich entschied, verbrachte ich dann auch die ganze Nacht auf den verschiedenen Toiletten des Hauses und sprach einfach nur zu mir selbst. Ich hatte Panik, mein körperliches Unwohlsein mit Erbrechen und Durchfall verstärkte das nur, bis zu dem Moment, als ich begann zu akzeptieren, dass ich nun nicht länger die künstlich erschaffene Kontrolle aufrecht erhalten konnte. Ich war einer Position des Beobachters gewichen und nicht mehr die des Opfers, das scheinbar wahnsinnig zu werden schien, da sich meine Seele und mein Verstand in einem ewigen Konflikt gegenüber standen. Bevor es allerdings dazu kam, möchte ich erwähnen, dass ich am Anfang sehr schöne Gefühle und eine nie gekannte Freiheit gespürt habe. Ich wusste auch, dass ich die Wahl hatte in diesem schwebenden Gefühl zu bleiben und außerordentliche Erfahungen zu machen. Nur schien mir in dieser Nacht die Panik und der verbitterte Kampf nicht die Kontrolle zu verlieren, die einzige Wahlmöglichkeit und so habe ich auch bekommen, wovor ich mich am meisten gefürchtet habe. Im Nachhinein bin ich sehr dankbar dafür, denn sowohl mein Körper, als auch meine Seele hatten dringend eine Grundreinigung nötig 😉

Mein Zeitgefühl war komplett verloren gegangen und ich weiß nicht, wie lange ich alleine auf der Toilette saß, bis Bernard in den Raum gekommen ist, um zu sehen, wie es mir geht. Seine Gegenwart beruhigte mich etwas und ich versuchte zu erzählen, was in mir vorging. Bis zu dem Moment, als wir beide ganz still wurden und man die Vibration in dem Raum hören konnte. Die Glühbirne hat geklungen wie sie schien, hell und klirrend. Die Wasserspülung der Toilette erfüllte den Raum mit Geräuschen und wir waren beide fasziniert von dieser Klangvielfalt.

In diesem Moment spürte ich, dass sich etwas in mir veränderte. Etwas in mir versuchte sich zu befreien und traf auf einen enormen Widerstand, den ich jetzt einfach als Ego betiteln möchte. Und für einen verschwindend kurzen Moment, ich würde fast sagen der Bruchteil einer Sekunde, schaffte es meine Seele an diesen Widerständen vorbei und ich bin tief in die Galaxie geschleudert worden, am Ende ein leuchtendes Licht. Und in dieser Sekunde hörte ich in mir auch eine Stimme sprechen und jede Zelle meines Körpers wusste, es ist Wahrheit, die spricht. Es bestand überhaupt gar kein Zweifel daran. Und mein bis dahin stark ausgeprägtes Ego musste resignieren und anerkennen, dass Diana, wie sie aussieht und mit ihrer Geschichte, nicht mehr getrennt ist von dem Allsein. Es war durchaus erschütternd für mich zu erfahren, dass wir alle aus der selben Energie wurzeln und, dass es so viel mehr zu erleben und entdecken gibt, als meine menschlich gegebenen Sinne bisher wahrnahmen. Dass das, was ich bisher als einzige Wahrnehmung für mich geglaubt habe, nur eine Illusion war. Und diese Wahrheit, die ich in dieser Nacht gespürt habe, sitzt bis heute tief verwurzelt in mir und gibt mir immer wieder das Vertrauen in das Sein, den Glauben an meine göttliche Kraft und den Frieden, dass alles wie es geschieht richtig ist und nur zu meinem Besten passiert.

Es wäre eine Lüge zu behaupten, dass es einfach war für mich in dieser Nacht. Es wäre gelogen zu sagen, dass ich im konventionellen Sinne etwas Schönes erlebt habe. Und doch kann ich sagen, dass es für mich die bis dahin bemerkenswerteste und wichtigste Erfahrung gewesen ist, die ich erlebt habe. Und es fühlt sich an, als wäre es gestern gewesen. Ich fühle mich seither getragen und beschützt von dieser Energie und begegne der Pflanze mit Ehrfurcht und Respekt und tiefster Dankbarkeit.

Es hat fast ein Jahr gedauert, bis ich ein weiteres Mal Ayahuasca trank, in diesem Zeitraum hat sich sehr viel in meinem Leben und meinen Glaubenssätzen verändert und ich hatte auch nicht das Bedürfnis es früher wieder zu tun. Ich denke, jeder spürt selbst in sich, wann und ob es Zeit dazu ist und auch dieses Empfinden ist ganz individuell.

Das, was nach dieser Nacht in mir bewegt wurde und in meinem Leben geschehen ist, gehört genauso zur Ayahuasca Erfahrung dazu, wie die Nacht selbst. Auch wenn alles am Anfang sehr unterbewusst stattgefunden hat und ich noch keine Parallelen zu der Nacht gezogen habe, kann ich im Nachhinein sagen, dass es mir Mut und die Kraft gegeben hat Dinge zu tun und Entscheidungen zu treffen, die schon längst überfällig waren und die schon Monate zuvor in mir geschrien haben. Ich hatte nur nicht den Mut dazu es zu tun. Ich war ein Mensch, der sich selbst für weniger wertvoll als andere hielt und mir war diese Tatsache nicht einmal bewusst, sie spiegelte sich nur in meinen Taten. Ich hielt mich für nicht fähig genug mein Leben voll und ganz in meine eigenen Hände zu geben und auf meine Macht zu vertrauen. Seither hat sich sehr vieles geändert.

Und jedes Mal, wenn ich nun von Ayahuasca Zeremonien erfahre, sträubt sich immer noch etwas in mir es zu tun. Ich würde vermuten es ist die Bequemlichkeit und das immer wieder Wegschieben von Prozessen, die in einem vorgehen, die man aber nicht so richtig wahrhaben will. Die Pflanze hilft mir dann immer ein paar Tage davor und lässt die Prozesse so sehr an die Oberfläche kommen, dass ich mich doch dazu entscheide es wieder zu tun, um Dinge in mir offensichtlich zu machen und dann loslassen zu können, was mir nicht mehr dient.

Mittlerweile weiß ich, dass ich nach dem Trinken die Wahl habe, welchen Weg ich gehe. Und ich weiß auch, dass ich Unterstützung bei Themen bekomme, die im Moment bearbeitet werden wollen. Es ist eine wohlig warme Athmosphäre in den Räumen, wenn sich all die liebevollen Menschen, die man dort kennenlernt, mit ihren Matten und Decken ein gemütliches Plätzchen suchen. Wenn der Kamin knistert und man in die beruhigenden Flammen schauen kann und sich von der wunderbaren Musik davontragen lässt. Und ich weiß, egal, was geschieht, ich bin aufgehoben und beschützt und alles geschieht wie es soll.

Beim letzten Mal kamen sehr viele Erinnerungen in mir hoch und ich war sehr nervös vor dem Trinken. Ich hatte mir sogar kurz überlegt, ob ich es lassen soll. Doch genau in diesem Gedankengang ließ Bernard ein Lied laufen, das mich die Wochen zuvor immer wieder begleitet hatte. Noch bevor ich von der Aya wusste, habe ich es gehört und ich habe gewusst, dass mir dieses Lied helfen wird. Ich fand nur den Mut zu trinken, weil genau in dem Moment des Zweifels diese Melodie kam. Man kann dazu erwähnen, dass an diesem Abend eine andere Playlist als sonst lief und ich dieses Lied in den Zeremonien davor noch nie gehört hatte. Und ich war mir sicher, dass es in diesem Moment nur für mich lief, um mir das nötige Vertrauen zu geben. Und ich fühlte mich wie von Engeln getragen und spürte in dieser Nacht die Energie durch meinen Körper strömen. Es fühlte sich an, als würde ich vibrieren und mein Herz schlug mir bis zum Hals und fühlte sich an, als wolle es mir direkt aus der Brust hüpfen. Ich verlor zwar ein wenig meinen Gleichgewichtssinn und musste liegen, aber es war kein Unwohlsein mehr da und mittlerweile ist auch die Übelkeit, die ich die zwei Ayas zuvor hatte, sehr viel schwächer gewesen und ich konnte selbst entscheiden, ob und wann ich mich übergeben muss, und das dann auch nutzen, um schlechte Emotionen loszulassen.

Den anschließenden Tag habe ich geweint und immer noch so viele Dinge in mir gelöst. Auch die Nachbesprechung am Tag danach verbindet einen nochmal mehr mit der Gruppe und man ist von einer warmen, familiären Energie umgeben. Man kann für sich selbst nochmal Revue passieren lassen und bekommt durch Erfahrungen anderer neue Impulse und Erkenntnisse.

Seitdem sind zwei Wochen vergangen und ich sitze nun hier und hätte eigentlich noch sehr viel mehr über meine Begegnung mit Ayahuasca zu erzählen. Und ich spüre, wie ich immer schneller alte Glaubenssätze, die mich unglücklich machten oder mir die Energie raubten, loslassen und in etwas Schönes verwandeln konnte, das mir dient und hilft. Ich finde in meine Stärke und es macht unglaublichen Spaß sich selbst kennen zu lernen.

Ich spüre die fortwährende Veränderung, die in mir vorgeht und freue mich auf alles, was kommt und bin sehr gespannt. Und die Tatsache, dass das, was ich während der Ayahuasca erlebe, nicht mehr ist als ein Katalysator von dem, was ohnehin schon in mir ist, macht das Ganze noch viel faszinierender und spannender.

Ich denke, wir befinden uns in einer Zeit, in der man nicht länger die Augen, Ohren und vorallem nicht das Herz vor sich selbst und seinem eigenen Potenzial verschließen sollte. In der man nicht länger auf Erlösung von außen hoffen sollte, sondern anfängt an die Macht zu glauben, die in einem selbst zu finden ist.

Eine Zeit, in der man manchmal ganz still werden muss, um wahrnehmen zu können, was diese leise Stimme, die manche auch Intuition nennen, dir zu berichten hat. Um dann die Schönheit dieser Schöpfung in unserem vollen Bewusstsein zu bewundern und zu ehren. Wenn der Lärm im Kopf erstmal leiser und leiser wird, gibt es etwas zu entdecken, das jeden Hollywood-Film bei weitem übertrifft.

Mir hat Ayahuasca geholfen in die Stille zu gehen und den Krach und Widerstand in mir immer leiser zu drehen. Zeichen zu sehen, Intuition wahrzunehmen und vorallem zu lieben, wahrhaftig.